„…wegen dem italienischen Krieg wurde das Läuten untersagt“
Ausstellung des Heimatkundevereins St. Veit anlässlich des Kriegseintritts Italiens vor 100 Jahren
„Sieg und Frieden sind die leuchtenden Sterne des neuen Jahres. Das ist kein bloßer Wunsch, sondern feste Überzeugung.“ So schrieben die Lienzer Nachrichten am 1. Jänner 1915. Doch dem Optimismus folgte ein Kriegsjahr, das viel schlimmer werden sollte als das vorangegangene.
In dem kleinen Dörfchen St. Veit schien man davon noch nicht allzu viel mitzubekommen. Thaddäus Großlercher, Bauer am Hof Lenzer, führte seit Beginn des Jahrhunderts ein Tagebuch, in dem er vor allem das Wetter beschrieb, ferner Todesfälle und einige wenige außergewöhnliche Ereignisse. Zu den Kriegsereignissen 1915 vermerkte er einzig und allein das verordnete Verstummen der Glocken. Auf diese Weise sollte eine wie auch immer geartete Kontaktaufnahme „mit dem Feind“ von vornherein unterbunden werden. Das gleiche betraf Böllerschießen und Bergfeuer.
Weitere Maßnahmen, die die zunehmende Einschränkung des privaten und öffentlichen Lebens widerspiegelten, waren die Sammlung von Metallen und Stoffen, der Aufruf, Kinder im großen Stil für die Erntearbeiten heranzuziehen oder aber die dringende Empfehlung mit Lebensmitteln sparsam umzugehen. Dass all diese Maßnahmen auch in St. Veit publik wurden, ist der Tatsache zu verdanken, dass sie den Pfarrämtern mitgeteilt wurden mit dem Ersuchen, sie „von der Kanzel“ zu verkünden. Die erwähnten Dokumente sind im Pfarrarchiv aufbewahrt worden und bilden einen Schwerpunkt der diesjährigen Ausstellung im Chronikarchiv von St. Veit.
Anhand dieser Texte und der Berichte in den Lienzer Nachrichten wurde versucht, die Chronik des Jahres 1915 für St. Veit zu rekonstruieren. So etwa heißt es in einem am 27. September veröffentlichten Bericht aus St. Veit: „Der Kanonendonner der welschen Geschütze vom Kreuzberg her ist oft genug zu hören“ – ein untrügliches Zeichen, dass der Krieg nun auch im abgeschiedenen Defereggental nicht mehr übersehen, besser gesagt überhört werden konnte.
Ein zweiter Schwerpunkt der Ausstellung ist der Person des Peter Feldner (1871-1937) gewidmet, der sich als Standschützenhauptmann einen Namen gemacht hat. Feldner war zunächst, wie so viele Deferegger, im Huthandel tätig gewesen (bereits sein Vater besaß eine Fabrik in Domschale bei Laibach), war tirolerisch-national und kaisertreu gesinnt und ein sehr begabter Redner. Bereits beim Abmarsch der Deferegger Soldaten im August 1914 trat er mit einer martialischen Abschiedsrede auf, der weitere folgen sollten (mindestens drei sind im Wortlaut erhalten geblieben). Nach der Einberufung der Standschützen fungierte Feldner als Hauptmann der „Wach- und Ersatzkompanie Windisch-Matrei“ im Rahmen des Lienzer Standschützen-Bataillons.
Ab 1916 war Feldner am Tonalepass eingesetzt und wurde 1917 zum Hauptmann der neuformierten k. u. k. Lienzer Standschützenkompanie gewählt. Im Nachlass Feldners, der nach dem Krieg Verwalter des alten Lienzer Spitals war, haben sich zahlreiche Dokumente, Orden und Fotos erhalten, von denen ein Teil in der Ausstellung zu sehen ist.
Schlussendlich ist die Ausstellung der Dokumentation der Kriegsteilnehmer und der Gefallenen des Jahres 1915 gewidmet. In einer im Pfarrarchiv erhalten gebliebenen Liste, die unmittelbar nach dem Krieg angefertigt worden war, sind sich nicht nur die Namen nahezu aller St. Veiter Soldaten verzeichnet, sondern auch deren Truppenzugehörigkeit und Einsatzgebiet nebst Auszeichnungen und Verwundungen. Insgesamt mussten acht Männer aus St. Veit – allesamt am russischen Kriegsschauplatz – ihr Leben lassen, zwei davon starben an den Folgen von Verletzungen, Krankheit bzw. Gefangenschaft.
Es ist geplant, die Ausstellung im nächsten Jahr weiterzuführen, um nicht zuletzt die Länge des Krieges und seine immer stärker werdenden Auswirkungen auf alle Lebensbereiche zu dokumentieren.
Michael Huber
Abbildungen:
1) Eröffnung der Ausstellung am 9. August, Chronikarchiv St. Veit (Foto Michael Huber)
2) Eröffnung der Ausstellung am 9. August, Chronikarchiv St. Veit (Foto Michael Huber)
3) Deferegger Kriegsjahr 1914-1915 (Chronikarchiv St. Veit)
4) Sterbebild des Andreas Bergler, vulgo Gatterer, aus St. Veit (Archiv Michael Huber)
5) Batteriestand in den Drei Zinnen, 1915 (Fotografie aus dem Nachlass Feldners)
6) Peter Feldner mit seiner Frau Klementine geborene Šulc (Archiv Michael Huber)
7) Stellung mit Sandsäcken und Blick auf die Drei Zinnen (Fotografie aus dem Nachlass Feldners)